Zwischenzeitlich sind die Strategie, die Struktur und die Systeme durch immer kürzere Lebenszyklen „aufgeweicht“. Während früher langfristig fünf bis zehn Jahre, mittelfristig drei bis fünf Jahre und kurzfristig ein bis zwei Jahre bedeuteten, planen Führungskräfte heute strategisch für die nächsten drei Jahre. Strukturen, die damals mit viel Aufwand für einen langen Zeitraum Bestand hatten, werden Unternehmen heute in einem Zeitraum von zwei Jahren oder schneller umgebaut - wenn nicht sogar in einzelnen Bereichen ohne Unterlass. Füllten Computer früher große Gebäude und erforderten viel Zeit für die Entwicklung, so nutzen die Anwender heute Apps, die monatlich überarbeitet werden. Dies würde eigentlich für prozesshaftes Arbeiten sprechen.
Der Prozess - eine wiederholbare Aktion
Ein Prozess ist eine festgelegte Abfolge von Einzelschritten, die immer wieder gleich ablaufen. Es gibt einen klaren Start und ein klares Ende, die jeweils durch einen beschreibbaren Zustand bestimmt werden. Dazwischen überwindet ein Ablauf ohne Unterbrechung die Grenzen der Zuständigkeiten. Die Vorhaben mit ihren Zielen, die beschriebenen Regeln sowie die festgelegten Leistungen und die anvisierten Kunden bilden die gemeinsame Grundlage für Entscheidungen. Für den gesamten Ablauf liegt die Zuständigkeit in einer Hand. Am wichtigsten ist es, dass die Vorgänge auf allen Ebenen immer wieder gleich ablaufen. Die niedrigste Ebene ist der IT-basierte Workflow, der jeden Schritt mit konkreten Eingabemasken im Computer steuert. Die Schritte werden von Hunderten und Tausenden Vorgängen, wie in der Massenfertigung, immer gleich abgewickelt (z. B. der Ablauf für die Freigabe von Bestellungen).
Da der Ablauf immer gleich ist, rentiert es sich einen gewissen Aufwand in die Gestaltung der Schritte zu stecken. Der Prozess läuft reibungsfrei und schnell ab, wenn
- einzelne Schritte verbessert
- beschleunigt
- integriert und/oder
- parallelisiert und
- unnötige Schritte eliminiert sowie
- die Reihenfolgen geändert werden.
Ein Projekt ist im Gegensatz dazu ein einmaliger Vorgang.
Das Projekt - eine einmalige Aktion
Ein Projekt ist eine Unternehmung, die Aktivitäten einmal durchführt. In der Theorie gibt es einen klaren Start und ein klares Ende. Praktisch beginnt das Projekt jedoch irgendwann, bevor es eigentlich gestartet ist, und findet kein Ende, da es durch häufige Nacharbeiten nur langsam im Sande verläuft. Dazwischen bearbeitet das Projekt
- unterschiedliche Aufgaben
- in sich wechselnden Arbeitsgruppen
- mit unterschiedlichen Laufzeiten und
- zeitlich begrenzter personeller Zusammensetzung.
Auch wenn auf der obersten Ebene der Eindruck entsteht, dass Projekte einen immer gleichen Ablauf haben, ist jedes Projekt anders:
- die Aufgaben und die Abhängigkeiten zwischen den Arbeitspaketen unterscheiden sich
- die Zuständigkeiten und die Entscheidungswege sind stets neu zu verhandeln
- die Schwierigkeiten und Lösungsansätze werden im Einzelfall gelöst und
- die Kommunikation zwischen den Beteiligten muss jedes Mal neu aufgebaut und angepasst werden.
Ein Projekt verfolgt üblicherweise ein großes Ziel und wird wie in einer Einzelfertigung abgewickelt.
Da ein Projekt immer wieder anders abläuft, beschränkt sich die Formalisierung auf eine geschickte Gestaltung des Rahmens eines Vorhabens, z. B. auf Basis von DIN 69901, PMBoK, PRINCE2 oder nach welchem mehr oder wenige agilen Standard auch immer. Das Vorhaben kommt zu einem zuverlässigen Abschluss, wenn die Beteiligten sich zu dem Projekt committen und gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten. Der Einsatz der Standards des Projektmanagements hilft, wenn die Beteiligten zusätzlich aus sich heraus ihr Engagement, ihre Aufmerksamkeit und ihre Leistung voll dem Projekt zur Verfügung stellen.
Das Changemanagement - die wiederholbare Einmaligkeit
Die Beschäftigung mit den weichen Faktoren findet meistens im Rahmen von Projekten statt. Die Veränderungen werden nicht erst wichtig, wenn fachlich etwas Neues eingeführt ist. Sobald der Auftraggeber sich etwas wünscht, beginnt, unbemerkt von den meisten Mitarbeitern, die Vorbereitung der Aktivitäten. Zuerst müssen sich die Entscheider bewusst machen, ob sie die Veränderung tatsächlich wollen. Schon hier braucht es den neutralen Dritten, der den Ablauf begleitet. Dies führt jedoch dazu, dass es keinen Startschuss gibt, sondern dass der Auftrag zur Veränderung nur schleppend bekannt wird.
Nachdem Veränderungen angestoßen sind, gelangen sie dann zu einem glücklichen Ende, wenn sie einem bestimmten Ablauf folgen. Im ersten Schritt braucht es ein förderliches Klima für den Wandel. Dies wird dadurch erreicht, dass die Verantwortlichen des Unternehmens sich dafür entscheiden, ihr Commitment demonstrieren und die angestrebten Veränderungen immer wieder verkünden und einfordern. Sie müssen im zweiten Schritt einen klaren Auftrag erteilen und die Mitarbeiter in die Lage versetzen, dass sie die Veränderung umsetzen können. Schließlich muss der Wandel entschlossen vorangetrieben, bei jedem Schritt unbeirrt unterstützt und umgesetzt werden. Der Ablauf sieht auf oberster Ebene immer ähnlich aus, meistert jedoch stets unterschiedliche Anforderungen, die jeden Fall zu einem einzigartigen Wagnis macht.
Fazit
Es hat sich eingebürgert, dass Veränderungen trotz ihrer Einmaligkeit immer wieder ähnlich ablaufen. Das beginnt mit der Vorbereitung, geht über das Stakeholder-Management bis hin zum Austausch von Informationen. Wären da nicht die einmaligen Umstände, die alle Veränderungen zu einem Abenteuer machen, könnte man einen entsprechenden Prozess dauerhaft installieren. Zusätzlich ist es erforderlich die inhaltlichen Aspekte soweit zu verstehen, dass man den geschicktesten Ansatz für die Vermittlung der Veränderung finden kann. Die Antwort auf die einleitende Frage kann also nur "Ja" sein, da Changemanagement einerseits den Charakter eines Prozesses hat, da es verhältnismäßig detaillierten Abläufen und Mechanismen folgt. Andererseits ist es durch seine Einmaligkeit ein Projekt. Dies macht es letztendlich zu einem prozessorientierten Projekt bzw. zu einem projekthaften Prozess.
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