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Wie Unternehmen Lieferkettenstrategien mit Risikomanagement entwickeln und umsetzen

In Bezug auf Lieferketten hat die Corona-Krise deutliche Schwachstellen ausgemacht: Die nötige Flexibilität, um auf Krisen reagieren zu können, fehlt auf allen Ebenen der Lieferketten, die Beschaffungsstrategien sind häufig unzulänglich. Wie das gelingen kann und welche Bedeutung dabei vor allem der Steuerung und Entwicklung komplexer Liefernetzwerke zukommt, erklären PROTEMA Experten im Interview.

Dr. Jörg Pirron und Diplom-Ingenieur Michal Říha von der PROTEMA Unternehmensberatung GmbH sehen die Notwendigkeit, dass Unternehmen ihre Lieferkettenstrategien anpassen und Maßnahmen entwickeln müssen, um ihre Resilienz zu stärken.

Die Corona-Pandemie hat nicht nur Schwachstellen im deutschen Gesundheitssystem aufgedeckt, sondern auch in der Beschaffungsstrategie von Unternehmen. Wie wirkte sich die Krise auf die Produktion und Logistik von Unternehmen aus? Und was bedeutet das für die Zukunft?

Jörg Pirron: Es war nicht nur die Covid-19-Pandemie, die große Herausforderungen für die deutsche Industrie mit sich brachte. Der Ukraine-Krieg oder Naturkatastrophen hatten ebenfalls große Auswirkungen. Die Folgen dieser Krisen waren direkt spürbar, etwa als bei Audi in Neckarsulm die Fließbänder stillstanden, was eine direkte Auswirkung des Lieferengpasses durch den Krieg in der Ukraine und durch den Lockdown in China darstellte. Die Herausforderung auch für die deutsche Industrie ist, auf diese geostrategischen Herausforderungen eingehen zu können. Es ist davon auszugehen, dass es auch in Zukunft weiterhin erhebliche Störfaktoren in den Lieferketten geben wird. Wenn es nicht gelingt, auf diese und andere Probleme adäquat zu reagieren und rechtzeitig die Anzeichen für eine „Unsicherheit“ zu erkennen, kann dieser Sachverhalt im ärgsten Falle geopolitisch sogar das „Aus“ für einige Industrieunternehmen bedeuten.

Welche künftigen Störfaktoren in der Lieferkettensituation können Sie bereits absehen, denen Unternehmen begegnen müssen?

Michal Říha: Die Entwicklung der Lieferkettensituation kann man geopolitisch mit einer Blockbildung vergleichen, in deren Mitte es zu neuen Herausforderungen kommt. Zu nennen sind hier z.B. die Märkte, die in Verbindung mit der chinesischen Initiative einer neuen Seidenstraße stehen oder der eurasische Raum mit seinen Zukunftsmärkten, der sowohl das Interesse Chinas wie auch der USA geweckt hat. Die Länder der EU stehen genau zwischen den beiden Supermächten und ihren Auseinandersetzungen um den Einfluss in den eurasischen Regionen. Eine Folge dieses Konfliktes sind Handelsbeschränkungen und Zölle zwischen den USA und China, die wiederum die Lieferketten der EU empfindlich treffen. Des Weiteren könnte der Konflikt zwischen China und Taiwan als ein Land, das in der Halbleiterproduktion maßgeblich ist, zu einem erheblichen Risiko führen, welches die Lieferketten massiv beeinflussen könnte.

 

Das Supply-Chain-Management muss zu einer Kernaufgabe der Unternehmensführung werden.

 

Welche ist die größte Lehre, die Unternehmen aus den letzten Krisen-Jahren ziehen sollten?

Jörg Pirron: Eine wesentliche Lehre aus den jüngsten Lieferausfällen ist, dass das Supply-Chain-Management zu einer Kernaufgabe der Unternehmensführung werden muss. Doch noch immer wird der Bereich Logistik und Supply Chain nicht als Teil der Wertschöpfung verstanden, sondern allenfalls als unterstützende Funktion, was sich unter anderem daran zeigt, dass die Relevanz der Lieferketten oft nicht organisatorisch auf der Führungsebene der Unternehmen abgebildet wird – etwa durch Vorstandsposten für das Supply-Chain-Management. Die schlechteren Prognosen auf die Weltwirtschaft in den nächsten Jahren unterstützen diese Perspektive: Der IWF korrigierte seine ohnehin bereits schlechte Prognose für das Jahr 2023 noch einmal nach unten auf lediglich 2,3 Prozent und für die Eurozone sei für 2023 ein Wachstum von 0,7 Prozent zu erwarten.

Welche Lösungen zeigen Sie Ihren Kunden auf, um die aktuellen und künftigen Probleme in der Lieferkettensituation zu lösen?

Michal Říha: Mögliche Lösungen dieser Probleme können in der Transparenz, der Digitalisierung und im stärkeren Monitoring der Lieferkette liegen. Weitere notwendige Maßnahmen sind die kontinuierliche Bewertung der Lieferanten-Beziehungen, eine Automatisierung der Lieferkette wie auch eine Steigerung der frühzeitigen Engpasserkennung im Netzwerk. Dazu kommen weitere Bausteine, um die globalen Lieferketten robust und resilient zu machen und zu gestalten. Grundlegende Aspekte an das zielkonforme Supply-Chain-Management sind eine kontinuierliche Risikobewertung, die Flexibilisierung und Diversifizierung in der Sourcing Strategie, die Einführung von Supply Risk Management Systeme, eine vorbeugende und allumfassende Bewertung, die Digitalisierung und SCM-Plattformtechnologien, ein effizientes Netzwerk-Monitoring, die Integration von Frühwarnsystemen sowie ein konsequentes Lieferantenmanagement.

 

Es bedarf vor allem der Flexibilisierung der Supply Chain, um auch in einer Krise die Lieferkette funktionierend und stabil aufrecht erhalten zu können..

 

Das ist eine breite Palette von Maßnahmen. Worauf kommt es ganz besonders an?

Jörg Pirron: Es bedarf vor allem der Flexibilisierung der Supply Chain, um auch in einer Krise die Lieferkette funktionierend und stabil aufrecht erhalten zu können. Bereits in der Corona-Pandemie haben sich zahlreiche Schwachstellen in der Ausrichtung der Lieferketten gezeigt, was zu starken Beeinträchtigungen und Störungen der Lieferketten unterschiedlicher Branchen geführt hat. 60 Prozent aller Unternehmen geben an, dass sie durch die Covid-19 Pandemie Störungen hinzunehmen hatten – dementsprechend sind Unternehmen auch zu Maßnahmen bereit, um die Resilienz ihrer Lieferketten zu erhöhen, vor allem durch eine Steigerung ihrer Transparenz und Flexibilität im Einkauf und der Beschaffung. Die Hinzunahme alternativer Bezugsquellen sowie eine allumfassende Bewertung inklusive aller Risikofaktoren stellen dabei wichtige Instrumente dar, um schnell auf Angebots- und Nachfrage-Änderungen reagieren zu können.

Seit Anfang des Jahres ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft, das umweltbezogene Sorgfaltspflichten vorschreibt, damit Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten künftig verhindert werden. Inwieweit stellt dieses eine weitere Herausforderung für Unternehmen dar und wie sollten sie darauf reagieren?

Michal Říha: Um das Gesetz zu erfüllen, sollten Unternehmen Umwelt-, Sozial- und Governance-Richtlinien (ESG) entwickeln und umsetzen, die speziell auf die relevanten Compliance-Risiken in ihrer Lieferkette zugeschnitten sind. Daher müssen Unternehmen auch hier in einem ersten Schritt die Risiken innerhalb ihrer Lieferketten analysieren und bewerten, um geeignete Maßnahmen zum Risiko-Management ergreifen zu können. Die Unternehmen müssen alle ihre direkten Zulieferer erfassen, um eine grundlegende Risikobewertung durchzuführen.

Welche Maßnahmen schließen sich an die Risikobewertung an?

Jörg Pirron: An die Risikobewertung sollte sich die Einführung von Risikomanagementsystemen mit den zu definierenden Prozessen und Zuständigkeiten anschließen. Außerdem müssen Entwicklung und Umsetzung eines Aktionsplans zur Vermeidung bzw. Behebung von Risiken und Verstößen erfolgen. Wichtig ist ferner, dass die Risikobewertung und die eingeführten Verfahren regelmäßig überprüft, aktualisiert und verbessert werden. Der Einsatz von digitalen Lösungen für ein umfassendes, automatisiertes Lieferketten-Management kann dazu beitragen, Risiken umfassend zu analysieren, angemessen zu bewerten und/oder in Ergänzung zu bereits implementierten Compliance-System zu verwalten. Solche Systeme wie z.B. die Sourcingplattform MeRLIN unterstützen dabei, der Sorgfaltspflicht für „faire Lieferketten” nachzukommen, systematische Beschaffungspraktiken zu etablieren, zu kontrollieren und die rechtlichen Bestimmungen des Lieferkettengesetzes einzuhalten.

Trotz eines gutes Risikomanagements lassen sich Störungen jedoch nicht immer vermeiden. Wie sollten oder können Unternehmen ihre Lieferketten also noch robust gestalten?

Michal Říha: Großes Potenzial steckt auch in dem Ansatz, Störungen rechtzeitig erkennen und vermeiden zu können. Dafür müssen die volatilen Bedürfnisse und Bedarfe der Kunden und des Marktes mit den Anforderungen der eigenen Produktion und denen des Lieferanten-Netzwerkes immer in Einklang gebracht werden. Die Lieferkette muss abhängig vom Lebenszyklus der Produkte und den Marktchancen bzw. Risiken realisiert, gesteuert und abgesichert werden. Es ist eine Reihe von Fragestellungen besonders relevant, wenn es darum geht, auf volatile Märkte und Bedarfslagen wie auch auf die verkürzte Lebensdauer von Produkten, auf reduzierte Anlauf- und Auslaufszenarien sowie auf Komponentenknappheit einzugehen.

Welche Schwerpunkte machen Sie bei diesem Ansatz aus?

Jörg Pirron: Da ist zum einen die Strukturierung des Liefernetzwerkes unter Berücksichtigung der Flexibilisierung und Diversifizierung und zum anderen die Erfassung und Analyse von Leistungsdaten im Rahmen von Netzwerk-Monitoring und Frühwarnsystemen. Der dritte Schwerpunkt ist die Überprüfung kritischer Lieferanten durch vorbeugende und allumfassende Bewertung im Risk-Management. Zudem liegt die Hauptaufgabe für ein effizientes Lieferanten-Management in der Fähigkeit, das Liefernetzwerk auch in einem volatilen Marktumfeld transparent zu haben wie auch zuverlässig steuern zu können. Die effektive Planung, Realisierung, Entwicklung und Steuerung von internen und unternehmensübergreifenden Liefernetzwerken ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor hierfür.

Wie nehmen Sie das Thema Lieferketten- und Beschaffungsmanagement in der Praxis wahr? Welchen Stellenwert hat es momentan im Alltag von Industrie-Unternehmen?

Michal Říha: Derbesondere Blick liegt eher auf dem erstmaligen Aufbau einer Lieferkette,  der zudem die Auswahl und Qualifizierung der Lieferanten beinhaltet und der schließlich in
An-, Hochlauf und Betrieb von Produktion und Beschaffung übergeht. Häufig schwindet das Interesse für die Steuerung und Weiterentwicklung der Lieferkette, sofern ein laufender Betrieb erst einmal hergestellt ist. Lieferketten- und Beschaffungsmanagement geraten dann oft zunehmend in den Hintergrund.

Welche negativen Konsequenzen kann diese Nicht-Beachtung für Unternehmen haben?

Jörg Pirron: Performance-Defizite in der Lieferkette sind häufig betreuungsintensiv. Noch anspruchsvoller ist es, auf Volatilitäten auf der Bedarfsseite zu reagieren. Die Reaktion auf diese Herausforderungen ist aufwendig, weil Sonderabwicklungen abgebildet werden müssen oder zusätzliche Aktivitäten und Ressourcen zur Stabilisierung der Liefernetzwerke notwendig werden können, wie auch Kosten für eine Sonderabwicklung. Weiterhin ist das Beheben der Ursache oder die Umstellung des Liefernetzwerkes auf eine neue Bezugsquelle und ggf. auf ein neues Stückzahlszenario arbeitsintensiv. Das liegt daran, dass zum einen in vielen Unternehmen die Möglichkeit, über SCM-Plattformtechnologien zu steuern, oft nicht existiert und zum anderen, dass es oft nicht als notwendig gesehen wird, Frühwarnsysteme und Supply Risk Management Systeme zu etablieren und die Netzwerke kontinuierlich für relevante Materialgruppen zu monitoren.

Mehr zum Thema: Supply Chain Management

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