Dr. Michael Leupold, Abteilungsleiter Enterprise Resource Planning & IT-Concepts von PROTEMA Unternehmensberatung erklärt im Gespräch, warum Unternehmen hier neue Wege gehen und neben ihrer ERP-Lösung auch ein unterlagertes Manufacturing Execution System (MES) einsetzen sollten.
Industrie-Unternehmen sind zunehmendem Druck ausgesetzt. Welche Herausforderung müssen sie konkret bewältigen?
Die Vorgänge in Produktion und Fertigung sind komplex und müssen daher präzise geplant sein. Einerseits unterliegen die Prozesse der Einhaltung von Qualitäts- und Auftragsvorgaben sowie häufig einer kunden- und branchenbezogenen Rückverfolgbarkeit der Fertigungsparameter. Andererseits sehen wir bei den Kundenanforderungen auch eine fortschreitende Individualisierung, die ebenfalls vom Fertigungsmanagement berücksichtigt werden muss. In diesem Spannungsfeld benötigen fertigende Unternehmen zwingend Systeme, die die Komplexität an Anforderungen, Verfügbarkeiten und Auslastungen abbilden und Wege zur bestmöglichen Umsetzung des Produktionsprogramms finden können.
Reichen die vorhandenen ERP-Systeme hierfür nicht aus?
Unternehmen setzen an dieser Stelle zwar oft noch immer reine ERP-Systeme ein, aber diese können die geforderte Funktions-Komplexität allein nicht abdecken. Zudem weisen sie Ineffizienzen in der Verarbeitung und Verknüpfung großer Datenmengen auf. Dies und das Fehlen passender Schnittstellen führt häufig dazu, dass eine direkte Anbindung von Maschinen nicht oder nicht effizient möglich ist. Denn ERP-Systeme sind heute häufig immer noch monolithisch aufgebaut und bieten dadurch nur geringe Flexibilität, was die Aufnahme und Verarbeitung operativer Daten auf dem Shopfloor angeht.
Mit welchen Konsequenzen müssen Unternehmen rechnen, wenn sie nur ERP-Systeme einsetzen?
Die produktionsrelevanten Daten können nicht verarbeitet werden, was in der Regel zu geringer Transparenz und eingeschränkter Plan- und Steuerbarkeit von Produktionssystemen führt.
Mit welchen zusätzlichen Systemen können Unternehmen dem begegnen?
Manufacturing Execution Systeme, kurz MES, schaffen hier gezielt Abhilfe. Denn sie unterstützen Betriebe bei der Verbesserung ihrer Produktion und erschließen darüber hinaus zeitgleich auch neue Optimierungspotenziale. Die Lösung sorgt aufgrund ihrer Komplexität und Koppelbarkeit mit unterschiedlichen Systemen und Ebenen im Gegensatz zu einem reinen ERP-System für eine Optimierung vor allem des Datenflusses.
Dank Echtzeitanbindung kann ein MES - Manufacturing Execution System nach Bedarf aktiv in Fertigungsprozesse mit daraus resultierender Planungs- und Fertigungsoptimierung eingreifen und diese steuern.
Wie sind solche Manufacturing Execution Systeme aufgebaut, wie unterscheiden sie sich von ERP-Systemen?
MES-Systeme sind in der Regel modular aufgebaut und bieten eine Vielzahl von Funktionalitäten für operative Bereiche. In vielen MES-Systemen ist der Fertigungsauftrag ein zentrales Objekt. Mit diesem können die Daten zum Auftrag sowie die Feinsteuerung und Planung der Produktion oder auch die Qualitätssicherung erfasst werden. Daneben ist in einem MES in der Regel ein Modell der Betriebsmittel hinterlegt. Das MES ermöglicht so deren Management, die Aufzeichnung von in den Maschinen erzeugten Daten sowie das Instandhaltungsmanagement. Dank Echtzeitanbindung kann ein MES zudem nach Bedarf aktiv in Fertigungsprozesse eingreifen und diese steuern. Dazu existieren Funktionalitäten wie eine anwendungsgerechte Werkerführung, die Personaleinsatzplanung oder das Energiedatenmanagement.
Kann ein Manufacturing Execution System auch die ganzheitliche Digitalisierung in Fertigungsbetrieben vorantreiben? Was für Vorteile haben Unternehmen hiervon?
Wird das MES unmittelbar an Systeme der Prozessautomatisierung angebunden resultiert daraus eine Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette. Dadurch steigern Fertigungsunternehmen ihre Produktivität, weil Transparenz über die Produktionsdaten entsteht und diese zu Kennzahlen verdichtet. Unternehmen können durch den Einsatz eines MES somit sowohl ihre Prozess- als auch ihre Produktqualität erhöhen und dadurch langfristig wettbewerbsfähig bleiben.
Wie können Betriebe ein Manufacturing Execution System in ihre Prozesse implementieren? Schaffen sie das allein?
Eine nachhaltige Einführung eines MES-Systems ist ein komplexes Unterfangen. Es wird ein hohes Maß an übergreifendem Wissen gefordert. Hierunter fällt zum einen die Kenntnis über die Produktionsprozesse und Optimierungspotenziale im Unternehmen, IT- und Systemkenntnisse sowie das Wissen über MES-Lösungen für einen ganzheitlichen Informationsfluss in Unternehmen. Es ist deshalb ratsam, einen Experten als MES-Berater für die Einführung hinzuziehen.
Wie läuft so eine MES-Beratung ab?
Im Rahmen einer MES-Beratung werden Schnittstellen und Verbindungen der Systeme sichergestellt, sodass auf allen Ebenen ein fehlerfreier Datenfluss gewährleistet ist – zum Beispiel vom MES ins überlagerte ERP-System oder in zusätzliche Qualitätsmanagement- oder Lagerverwaltungssysteme. Damit Auswahl und Einführung des geeigneten MES-Systems erfolgreich verlaufen, berücksichtigt der Partner zugleich die individuellen Prozesse im Unternehmen und die Anforderungen aus der Marktsituation im Rahmen von MES-Beratung und MES-Analyse, sodass auch ein MES-Lastenheft entstehen kann. Zudem wird sichergestellt, dass die in einem Werk erarbeitete Optimierung auch problemlos auf andere Standorte übertragbar ist. Dies wird durch MES-Schulungen der Mitarbeiter begleitend flankiert, sodass sie die eingeführte Lösung zu bedienen erlernen.
Fazit
Eine effiziente Fertigungssteuerung gelingt durch die Nutzung eines individuell für das jeweilige Unternehmen ausgewählten MES-Systems. Um dem Einzug der Digitalisierung in die industrielle Produktion stets standzuhalten, empfiehlt sich eine von Experten begleitete und etappenweise vorgenommene Implementierung einer MES-Lösung. Unter Berücksichtigung des Gesamtkonzeptes und Einbezug der Unternehmensorganisation kann infolgedessen ein für jeden Fertigungstypen individuelles MES für einen effizienteren Informationsfluss eingeführt werden.
Die daraus resultierende Planungs- und Fertigungsoptimierung leistet zudem einen wichtigen Beitrag, um den Anschluss an die Digitale Transformation und Industrie 4.0 zu finden und um auf dem Markt konkurrenzfähig zu bleiben, indem ein MES die Fertigungsprozesse transparenter gestaltet.
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