Mit der neuen Entgelttransparenzrichtlinie der EU stehen Unternehmen vor neuen Herausforderungen in der Gestaltung ihrer Vergütungssysteme. Doch die Richtlinie birgt auch Chancen: Transparenz kann die Motivation der Mitarbeitenden erhöhen, Gehaltsunterschiede abbauen und die Wettbewerbsfähigkeit steigern.
PROTEMA-Experten Michael Mezger, Geschäftsführender Gesellschafter, und Doreen Strobel, Managerin Change & Transformation Human Resources, erklären im Interview, worauf es bei der Umsetzung ankommt.
Die Entgelttransparenzrichtlinie der EU stellt Unternehmen vor neue Anforderungen. Wie bewerten Sie die Auswirkungen dieser Regelungen?
Michael Mezger: Die Richtlinie bringt zweifellos einige Herausforderungen mit sich. Unternehmen müssen ihre Vergütungssysteme überprüfen und sicherstellen, dass sie transparent, fair und diskriminierungsfrei sind. Das erfordert eine systematische Herangehensweise und Prozesse, die oft noch nicht etabliert sind.
Doreen Strobel: Gleichzeitig bietet die Richtlinie auch eine Chance, die internen Vergütungsstrukturen nachhaltig zu verbessern. Gehaltstransparenz schafft Vertrauen, reduziert das Risiko von Unzufriedenheit und steigert die Attraktivität eines Unternehmens für Fachkräfte. Unternehmen, die sich frühzeitig darauf einstellen, können von einem klaren Wettbewerbsvorteil profitieren.
„New Pay“ als Antwort auf steigende Erwartungen
Der Begriff „New Pay“ taucht immer häufiger im Zusammenhang mit moderner Vergütung auf. Was genau steckt dahinter?
Doreen Strobel: „New Pay“ ist eine Weiterentwicklung von „New Work“ und stellt den Menschen mit seinen Bedürfnissen und Werten in den Mittelpunkt. Mitarbeitende fordern heute mehr Transparenz und Mitbestimmung in der Vergütung. Unternehmen, die das berücksichtigen, können sich als attraktive Arbeitgeber positionieren und Talente langfristig binden.
Michael Mezger: Dabei geht es nicht nur um das reine Grundgehalt, sondern um ein modulares System mit individuellen Bausteinen. Ein solides Grundgehalt bildet die Basis, zusätzliche Komponenten wie Leistungsentgelt, Gewinnbeteiligungen oder Benefits machen das Gesamtpaket attraktiver. Moderne Vergütungssysteme bieten diese Flexibilität und sind somit ein wichtiger Faktor für die Mitarbeitendenbindung.
Der Weg zu einem modernen Vergütungssystem
Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Vergütungssysteme zu modernisieren. Wie sollten sie dabei vorgehen?
Michael Mezger: Der erste Schritt ist eine umfassende Bestandsaufnahme: Welche Stellen gibt es? Wie sind sie bewertet? Welche Gehaltsstrukturen bestehen? Auf dieser Basis kann eine transparente und faire Vergütungssystematik entwickelt werden. Wichtig ist, dass alle relevanten Stakeholder von Anfang an einbezogen werden, um spätere Konflikte zu vermeiden.
Doreen Strobel: Anschließend sollten Unternehmen ein nachvollziehbares Punktesystem einführen, mit dem sich Positionen objektiv bewerten lassen. So entsteht ein transparenter Rahmen, der faire Gehaltsstrukturen gewährleistet und gleichzeitig Aufstiegschancen aufzeigt. Dabei spielt Kommunikation eine entscheidende Rolle: Die Mitarbeitenden müssen kontinuierlich über den Prozess informiert und einbezogen werden.
Viele Unternehmen setzen bei der Einführung neuer Vergütungssysteme auf externe Beratung. Warum ist das sinnvoll?
Michael Mezger: Externe Berater bringen wertvolle Erfahrung aus anderen Projekten mit und können bewährte Best Practices einbringen. Sie verfügen zudem über umfassende Gehaltsdaten und Benchmarking-Informationen, die Unternehmen helfen, sich wettbewerbsfähig aufzustellen. Ein weiterer Vorteil ist die neutrale Perspektive: Gerade bei sensiblen Themen wie Vergütung kann ein externer Partner als Mediator fungieren und Interessenskonflikte entschärfen.
Fazit
Warum sollten Unternehmen das Thema Vergütungstransparenz aktiv angehen?
Doreen Strobel: Transparenz ist kein Selbstzweck, sondern ein wesentlicher Faktor für die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeitenden. Unternehmen, die faire und transparente Vergütungssysteme etablieren, steigern nicht nur ihre Arbeitgeberattraktivität, sondern auch die Leistungsbereitschaft ihrer Belegschaft.
Michael Mezger: Zudem helfen moderne Vergütungssysteme dabei, Gehaltsunterschiede zu minimieren und sich als zukunftsorientierter Arbeitgeber zu positionieren. Die Entgelttransparenzrichtlinie mag eine regulatorische Pflicht sein, doch Unternehmen, die sie strategisch nutzen, gewinnen langfristig an Wettbewerbsstärke.
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